Die Entwicklung von Freudenhain
Freudenhain, unser Schulgebäude, mag für viele von uns einfach nur ein Ort des Lernens und der Begegnung sein, aber es verbirgt eine Vergangenheit, die so reichhaltig ist wie die Seiten eines alten Geschichtsbuchs. Es ist nicht zu übersehen, dass unsere Schule ein wunderschönes Schloss ist. Prinzessinnen haben hier jedoch nicht gelebt, sondern Joseph Franz Anton von Auersperg. Jetzt fragt Ihr euch bestimmt, wer dieser Mann wohl sein mag, von dem Ihr wahrscheinlich noch nie wirklich etwas gehört habt, außer vielleicht kurz bei Eurer ersten Schulhausführung.
Fürstbischof Joseph Franz Anton von Auersperg wurde am 31. Januar 1734 in Wien geboren. Ein Mann seiner Zeit, geprägt von den Ideen der Aufklärung und den Traditionen der katholischen Kirche. Mit nur 28 Jahren wurde er zum Bischof von Lavant geweiht, stieg später zum Bischof von Gurk und schließlich zum Fürstbischof von Passau auf. In dieser Position regierte er nicht nur über die Gläubigen, sondern auch über die gesamte Stadt, ein Fürst in der Ära des aufgeklärten Absolutismus. Doch diese Ära war eine Zeit des Umbruchs, in der die alten Strukturen auf die Probe gestellt wurden. Immanuel Kant, einer der führenden Köpfe der Aufklärung, prägte sie mit seinem berühmten Zitat: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit.“ Kant forderte damit die Menschen auf, selbst zu denken und unabhängig zu handeln, anstatt sich den Autoritäten blind zu unterwerfen. Er ermutigte sie, aus der Unmündigkeit herauszutreten, indem sie ihren eigenen Verstand gebrauchten, anstatt sich blind von anderen lenken zu lassen. Während Auersperg diesem Ideal folgte, die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kunst unterstützte und sich als Diener des Staates sah, war er dennoch entschlossen, an den Grundprinzipien seines Glaubens festzuhalten. Er lehnte beispielsweise den Aberglauben ab und widersetzte sich somit Praktiken wie dem Verkauf von Ostereiern gegen Profit oder dem Prinzip der Wallfahrten und des Wetterläutens. Seine Vorstellungen setzte er in die Tat um, indem er die Schulpflicht in Passau einführte und gleichzeitig philosophische, theologische und juristische Fakultäten etablierte, um das intellektuelle Leben der Stadt zu bereichern. Doch seine Vision reichte über die akademische Welt hinaus. Er errichtete ein Armeninstitut speziell für Witwen und Waisen und erreichte damit, die Zahl der Bettler in der Stadt zu verringern und soziale Unterstützung für die Bedürftigen zu gewährleisten. Darüber hinaus war Auersperg ein entschiedener Förderer kultureller Bildung, insbesondere für die einfachen Bürger, die es oft nicht leicht hatten. Er öffnete den Schlosspark für alle Passauer und ließ das Stadttheater erbauen, das noch heute als stolzes Wahrzeichen der Stadt gilt. Seine Überzeugung, dass Kultur und Bildung für Alle zugänglich sein sollten, prägte sein Handeln und sein Ansehen enorm. Beeindruckend ist, dass er trotz der Herausforderungen und Widerstände, denen er gegenüberstand, seine Überzeugungen und seine Maxime nicht verlor, auch wenn ihn einiges von seinem Weg abzubringen schien. Der Park war ihm besonders wichtig und zählte zu einem zentralen Aspekt seiner Vorstellungen für eine nahezu perfekte Stadt. Denn direkt hinter den Mauern von Freudenhain erstreckte sich der französische Park, gekennzeichnet durch seine geraden und geometrischen Formen. Auersperg ging sogar noch weiter und ließ einen weiteren Park anlegen, der heute als Stadtpark bekannt ist. Dieser Park, ein englischer Garten mit geschlungenen Wegen, war eine Art Modeerscheinung seiner Zeit. Doch dann, inmitten dieser Zeit des geistigen Aufbruchs, erschütterte die Französische Revolution Europa und brachte die alten Ordnungen ins Wanken. Die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit begeisterten die einfachen Bürger, die sich gegen die etablierte Ordnung erhoben und protestierten. Doch für Auersperg war der blutige Ausgang ein enormer Schock. Die Enthauptung von Ludwig XVI. und Marie Antoinette, der Schwester seines, heute würde man sagen „Kindergartenfreundes“ Joseph II., sowie die allgemeine Gewalt und Unruhe gingen ihm persönlich sehr nahe und entsprachen nicht seinen Vorstellungen einer aufgeklärten Gesellschaft. Enttäuscht von diesen brutalen Entwicklungen wandte sich Auersperg von der Aufklärung ab und erkannte die Gefahr, dass die Bewegung in Gewalt und Chaos unter gehen würde. Die einst so verlockenden Ideale der Revolution verblassten vor der Realität des Blutvergießens und der Anarchie. Nach Auerspergs Tod am 21. August 1795 erlosch seine Zeit, aber seine Sommerresidenz, die einst den Namen Freundenhain trug, blieb erhalten. Die Ereignisse, die folgten, sollten das Schloss und die umliegende Landschaft verändern. Es kam zeitnah zur sogenannten Säkularisation, einem bedeutenden historischen Wendepunkt in der Geschichte der Kirche und des Staates. Das war im Jahr 1803, eine Überführung des kirchlichen Besitzes in Weltlichen (staatlichen). Dies geschah vor dem Hintergrund der Französischen Revolution, die die Macht der Kirche herausforderte. Bereits 1789 wurde mit dem Gesetz des 2. Novembers die Verstaatlichung von Kirchengütern eingeleitet, was sozusagen den Grundstein für die Säkularisation legte. Die Kirche verlor ihre privilegierte Position und wurde durch staatliche Kontrolle ersetzt, ein Konflikt, der sich über Jahre hinweg zuspitzte. Während sich also die politischen und gesellschaftlichen Normen verschoben, wurde auch die Sommerresidenz Teil des weltlichen Vermögens. Der nächste bedeutende Schritt ereignete sich ab dem Jahr 1896. In diesem Jahr kamen die „Englischen Fräulein“ in das Schloss. Diese gehen auf Maria Ward zurück, eine englische Adelige und Ordensschwester. Sie war eine visionäre Frau, die versuchte, einen Frauenorden nach dem Vorbild der Jesuiten zu gründen. Bereits im Jahr 1610 begann sie, Engländerinnen zu erziehen, und gründete damit die Gemeinschaft der „Englischen Fräulein“. Ihr Ziel war es, Frauen Zugang zu Bildung zu verschaffen und sie zu befähigen, eine aktivere Rolle in der Gesellschaft einzunehmen. Ein bekanntes Zitat von Maria Ward lautet: „Tu Gutes und tue es gut!“ Diese Aufforderung drückt ihre Überzeugung aus, dass es nicht nur wichtig ist, Gutes zu tun, sondern es auch auf eine gute und respektvolle Weise zu machen. Als die „Englischen Fräulein“ also im Jahr 1869 nach Freudenhain kamen, wurde das Schloss vorerst zu einer Weiterbildungsstätte für Lehrerinnen und einem Heim für Schülerinnen. Im Jahr 1911 erfolgte die Transformation in eine sogenannte höhere Mädchenschule, die später jedoch vom NS-Regime abgelöst wurde. Erst im Jahr 1954 wurde Freudenhain zu einem deutschen Gymnasium erhoben und etwas später schloss auch die Lehrerinnenbildungsanstalt seine Tore. Unser Schulleiter Johannes Fuchs oder Lehrer wie Elmar Slama und Ewald Kollmann waren mit die ersten Jungs in Freudenhain.Denn erst ab dem Jahr 1978 war es Jungen erlaubt, auf diese Schule zu gehen. Nur leider war früher der musische Zweig nicht ganz so gefragt, weshalb dringend ein neues Konzept benötigt wurde, das lautete: Freudenhain braucht nun auch einen Wirtschaftszweig. Diese Erweiterung, die uns bis heute erhalten blieb, wurde im Jahr 1989 eingeführt. Heute könnte man schon fast sagen, dass unser Schulleiter Johannes Fuchs, Ein neuer „Herrscher“ über Freudenhain ist. Da er ja waschechter Freudenhainer ist, erzählte er, dass das Auersperg Gymnasium sogar die einzige Schule ist, an der er jemals Direktor sein wollte, um das zurückgeben zu können, was er früher selbst in der Schule erfahren durfte. Auch Auersperg selbst lebt in Freudenhain weiter, besser gesagt Auersperg 2.0, der von Stefan Kamper wieder zum Leben erweckt wurde. Dabei verkleidet er sich als Fürstbischof und bietet Führungen für Jung und Alt gleichermaßen durch Schloss und Park an.
Also, wenn ihr das nächste Mal durch die Gänge von Freudenhain wandert, denkt daran, dass ihr nicht nur durch die Hallen einer herkömmlichen Schule geht, sondern auch durch die Hallen einer beeindruckenden Geschichte.
Quellen:
https://www.mariaward-schulstiftung-passau.de/index.php/ueber-maria-ward
https://www.as-maria-ward.de/schule/geschichte/maria-ward
https://www.freudenhain.de/index.php/profil/allgemeines/schulgeschichte
„16,8 Millionen DM für Freudenhain-Sanierung“ ->PNP 30.12.1991
„100 Jahre Institut der Englischen Fräulein in Freudenhain“ -> PNP 10.05.1971
„Schloss und Park Freudenhain in Passau (1786-1795)“ v. Wolfram Hübner
„Joseph Franz von Auersperg : von der Tragik eines Fürstbischofs“ (Signatur: S nv/a Mid 221)
„Im Schatten starker Fürstbischöfe (1713-1803)
Schreibe einen Kommentar